5 Fragen an Jasmin Haider-Stadler
Die Destillateurin, Kommunikationswissenschaftlerin und Geschäftsfrau aus Leidenschaft, Jasmin Haider-Stadler, führt in zweiter Generation die 1. Whiskydestillerie Österreichs. Außerdem ist sie die Vorsitzende der Austrian Whisky Association (AWA).
Nach ihrem Studium in Wien und der Arbeit im Event und PR-Bereich ist sie Step by Step ins Familienunternehmen mit eingestiegen und hat ihn 2016 von ihrem Vater übernommen. Seither ist sie verantwortlich für das Marketing, den Vertrieb und Produktentwicklung und Design, neben den alltäglichen Herausforderungen als Geschäftsführerin.
Von ihr wollen wir wissen …
Wie ist der Whisky nach Österreich gekommen?
Whisky ist zwar klar definiert (Anmerk.: laut europäischer Spirituosenverordnung) aber unterliegt keiner regionalen Begrenzung, wie etwa Champagner der aus Frankreich kommen muss, oder Bourbon, aus den USA. Es muss nur ein Getreidebrand, mit Malzanteil sein, der mit mindestens 40% Alkoholgehalt hat und mindestens 3 Jahre im Holzfass gelagert wurde. Die Schotten definieren sogar, dass das Fass aus Eiche sein muss, aber die EU ist nicht ganz so streng.
Denn würde der Whisky einer regionalen Begrenzung unterliegen, könnten wir hier in Österreich gar keinen Whisky herstellen. Aber so gibt es über 100 Länder in denen Whisky produziert wird und Österreich ist eines davon. „Getreidebrand im Eichenfass gelagert“ klingt aber auch wirklich nicht so toll wie Whisky. Das war also unser Glück!
Mitte der 1990er Jahre haben wir dann mit der Produktion losgelegt. Eigentlich aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus. Der EU Betritt hat uns gezwungen, ein zweites Standbein zu suchen, um das Einkommen der Vollerwerbs-Landwirtschaft aufzubessern. Die Gretchenfrage: Was habe ich vor der Haustür und was kann ich daraus machen? Die Antwort: Roggen – dem Ortsnamen Roggenreith entsprechend – sowie (sehr weiches) Wasser, Eichen und sogar Torf. Alles was man braucht, um das Getreide bzw. den Getreidebrand in seine edelste Form zu bringen: Whisky. Und so ist die Idee für den Whisky Made in Austria entstanden.
Wo kommt er her und wo geht die Reise hin?
Whisky ist einer der Big Player am weltweiten Spirituosenmarkt. Wenn man Whisky hört, denkt man freilich in erster Linie an Schottland oder Irland. Aber die Faszination des „Wasser des Lebens“ beschränkt sich längst nicht mehr auf diese beiden Länder, auch wenn sie freilich von hier aus gestartet ist. Irischer Mönche haben vermutlich die Kunst des Whiskybrennens verbreitet, aber ein schottischer Ordensbruder hat den ersten schriftlichen Nachweis der belegt, dass er das Wasser des Lebens hergestellt hat.
Nachgewiesen ist auch, dass meine Eltern in Roggenreith den ersten Whisky Österreichs destilliert und Anfang 1998 vorgestellt haben. So wurde auf dem Wiener Patentamt „Waldviertler Whisky J.H.“ als Wort-Bild-Marke geschützt und belegt uns damit klar als erste Whiskydestillerie hierzulande.
Gestartet haben wir den Vertrieb mit einem kleinen Ab-Hof-Laden. Genutzt wurden die Rohstoffe aus der Region und die Produkte wurden vor Ort zum Verkauf angeboten. Konkretes Marketing wurde zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht gemacht, vielmehr hat man nach Gefühl versuch alles in die richtigen Bahnen zu lenken. Und das mit Erfolg, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Über die Jahre hat man dann nicht nur das Whiskylager ausgebaut und erweitert, sondern auch seinen Erfahrungsschatz.
1998 dann ein medialer Rundumschlag – Alpen, Donau, Adria und die Kronen Zeitung berichteten über den Waldviertler Whisky J.H. und den Mann, der den Schotten Konkurrenz macht. Und das Echo ließ nicht lange auf sich warten. Hunderte Busgruppen und Besucher meldeten sich plötzlich um das Best Practice Beispiel in der strukturschwachen Gegend des Waldviertels zu besuchen. Um zu sehen und zu lernen, wie man es machen könnte, um auch als Teil der Europäischen Union Erfolg zu haben.
Nach wie vor ist unser Betrieb ein Vorzeigeprojekt in der Region und in Österreich. Nicht nur was die heimische Kunst des Destillierens betrifft, sondern auch unserer Whisky-Erlebniswelt, die als touristisches Top-Ausflugsziel gilt.
Wie habt ihr das geschafft?
Freilich war der 1. Whisky Österreichs kein Alleingang von meinem Vater, Johann Haider. Vielmehr eine gelungene Mischung aus seinen kreativen Ideen, dem pragmatischen Kalkül meiner Mutter, Monika Haider und ganz viel Mut und Begeisterung für die Sache.
Nachdem klar war, dass sie die Rohstoffe der Region nutzen wollten und der perfekte Weg für die Veredelung gewählt war, ging es mit der Arbeit erst richtig los.
Projekt- und Förderanträge mussten geschrieben werden – schließlich finanziert sich eine Destillerie nicht aus der Portokasse. Der Ab-Hof Laden musste gestaltet werden. Der Markenauftritt musste gut überlegt werden.
Der technische Teil und auch der Großteil der Verarbeitung der Produkte fiel in das Aufgabenfeld des Hausherren. Meine Mutter hingegen hielt (und hält) die Fäden im Hintergrund in der Hand. Sie hat das Wappen des Roggenhofes entworfen, wie sich der Bauernhof aus marketingtechnischen Gründen von nun an nannte, und auch andere gestalterische Aufgaben wie die Aufmachung der Etiketten und ähnliches.
Die drei Hügel stehen für das Waldviertel – das hügelige Land. Die Kornähre für das Getreide und die Blätter haben eine doppelte Bedeutung und stehen symbolisch auch für Sicheln und damit für die harte Arbeit.
Step by step ging es dann weiter: Flaschen aussuchen, Dekorieren, eine Homepage basteln und alles, was sonst noch dazugehört.
Und das wichtigste überhaupt: Nie aufhören, sich zu verbessern und mehr zu wollen.
Warum Roggenwhisky?
Er wächst vor der Haustür! Warum soll ich Gerstenmalz aus Schottland importieren und das Vorbild aus dem Norden imitieren. Die Schotten sind Vorbild – aber nicht Vorlage! Und darum haben wir uns eben auch auf Roggen- und Roggenmalzwhisky – also Rye Whisky – spezialisiert. Hergestellt und gelagert mit heimischer Tradition und Know How – alles Made in Austria. Auch bei der Lagerung haben wir darauf geachtet, heimische Eiche zu verwenden.
Schotten und Iren verwenden meist gebrauchte Bourbonfässer aus amerikanischer Weißeiche. Die ist sehr fein und hat tolle Vanillearomen. Grund dafür ist aber, dass es vor Ort quasi keine Eichenvorkommen mehr gibt. Das massive Holz wurde einst für den Schiffbau benötig und von den Engländern abgeholzt. Darum greift die Whiskyindustrie dort heute auf gebrauchte Fässer zurück.
In Roggenreith haben wie auf heimische Tradtion gesetzt: Ganzkornmaische, tradtionelles Brenngerät und heimische Eiche.
Wie kommt der Whisky zu seinem Namen?
Grundsätzlich kann ich Whisky oder Whiskey sagen oder schreiben. Die erste Variante kommt aus Schottland, letztere hat ihren Ursprung in Irland. Wohl aus dem Grund heraus um sich einfach zu unterscheiden. Irische Auswanderer nahmen ihre Schreibweise in die USA mit, die schottische Schreibweise verbreitete sich zum großen Teil im europäischen Raum. So auch bei uns in Österreich.
Die Art und Weise wie ich es schreibe, sagt aber sonst nichts über die Qualität aus.
Für unseren Whisky haben wir einen Namen gesucht, der gleich zeigen sollte wo er her kommt bzw. wer ihn gemacht hat. Er sollte gut überlegt und für die Zukunft bleibend sein. Schließlich war ja schon damals die Überlegung da, ein Generationenprojekt zu starten.
Der Whisky kommt aus dem Waldviertel – also „Waldviertler Whisky“
Und wer hat ihn gemacht hat: Johann Haider (J.H.). Oder eben dann auch in weiterer Folge ich – die nächste Generation: Jasmin Haider. Und für die Zukunft habe ich auch schon vorgesorgt. Meine kleine Tochter trägt den Namen Janika Haider-Stadler und ich freue mich darauf ihr meine Erfahrungen weiter zu geben und hoffe, sie hat genau so viel Freude daran wie ich.